Von Diana Golze
Nun steht es noch einmal im Zentrum der Debatte: das Betreuungsgeld. Und es wird bleiben - nimmt man den Koalitionsvertrag ernst und glaubt nicht an das Wunder, dass ein Oppositionsgesetzentwurf eine Mehrheit findet. Niemand wollte diese Leistung so richtig – außer der CSU, die sie wie ein Heiligtum verteidigte. Dies alles nur, um tradierte Rollenbilder aufrechtzuerhalten und Kinderbetreuung im größtmöglichen Rahmen in die private Verantwortung zu drängen.
Bisher kam auch von der SPD heftiger Gegenwind. Doch beim Koalitionspartner der CDU/CSU bleibt von der grundlegenden Ablehnung nichts übrig. In nahezu der gleichen Heftigkeit, mit der die SPD noch im Wahlkampf gegen das Betreuungsgeld wetterte, hat sie nun in Sachen frühkindliche Bildung eine nicht nachvollziehbare Kehrtwende gemacht.
Was vor ein paar Monaten „im Grundsatz falsch“ war und „Chancengleichheit verhinderte“, bleibt im Koalitionsvertrag schamhaft unkommentiert. Und so kommt es, dass diese Geldleistung, die die SPD über mehrere Jahre hinweg ablehnte und in mehreren parlamentarischen Initiativen verhindern und später abschaffen wollte, in seiner ganzen kritisierbaren Form erhalten bleibt.
Denn weiterhin gilt beim Betreuungsgeld, dass Geld gezahlt wird, wenn eine Leistung nicht in Anspruch genommen wird; nicht selten, weil diese Leistung – öffentliche Kindertagesbetreuung für unter Dreijährige - schlicht nicht vorhanden ist. Wie beim katholischen Ablasshandel kauft sich die Bundesregierung von dem seit Mitte 2013 geltenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige frei. Und so bleibt es dabei: Das Betreuungsgeld ist kein Mittel, um Wahlfreiheit für Eltern herzustellen. Schon deswegen nicht, weil Krippenplätze besonders im Westen Mangelware sind. Wenn die Nachfrage nach Krippenplätzen das Angebot bei weitem übersteigt, kann von Wahlfreiheit keine Rede sein.
DIE LINKE hat gleich nach der Wahl ein Angebot an SPD und Grüne gemacht, die rechnerische Mehrheit im Bundestag gegen das Betreuungsgeld zu nutzen um diese bildungsverhindernde Maßnahme rückgängig zu machen. Diese Chance hat insbesondere die SPD vertan. Sie steckt nun fest in der Zwangsjacke des Koalitionsvertrages und muss mit einem ihrer großen Wahlversprechen brechen, als erste Amtshandlung in Regierungsverantwortung den Unsinn Betreuungsgeld wieder abzuschaffen. Und so schließt sich der Kreis bei der SPD. In der letzten großen Koalition hat sie das Betreuungsgeld als möglicherweise einzurichtende Leistung bereits mitgetragen – in der Hoffnung zur Wahl 2009 eine Rot- Grüne Mehrheit zu haben, um diesen Passus zu streichen. Nun hat sie sich 2013 wieder im Konstellationskonjunktiv verheddert und muss jetzt eine Leistung umsetzen, die sie eigentlich nie wollte. Eine politische doppelte Rolle rückwärts, die vor allem zu Lasten der Kinder und Familien in unserem Land geht.
linksfraktion.de, 19. Dezember 2013